Kurt Hofstetter, 1963, ist Absolvent der Universität für Bodenkultur in Wien. Er ist als Mitarbeiter der Stadt Wien seit 1991 in verschiedenen leitenden Funktionen mit Fragen des Städtebaus und der Stadtentwicklung befasst, u.a. mit Flächenwidmungs- und Bebauungsplanung sowie mit der Landschaftsplanung für Gesamtwien. Von 2003 bis 2015 war er maßgeblich an der städtebaulichen Entwicklung der Seestadt Aspern in Wien beteiligt. Von 2016 bis 2022 leitete er die Internationale Bauausstellung „IBA_Wien 2022 - Neues soziales Wohnen“, die im Jahr 2022 ihre Schlusspräsentation veranstaltete. Seit 2023 ist er als Experte für Wohnthemen mit strategischen Projekten der Stadt Wien sowie mit internationalen Kontakten zum Thema Wohnen befasst.
Was halten sie vom Wiener Hochhauskonzept?
Eine wichtige Grundlagenarbeit für die weitere Entwicklung der Stadt. Genauso wichtig ist es, dass das Konzept regelmäßig hinterfragt und
aktualisiert wird, was derzeit auch gerade stattfindet.
Finden Sie, dass der Masterplan für Nordwestbahnhof gut mit der bestehenden Stadt im Umfeld agiert?
Der Masterplan sieht eine Vielzahl aktiver Anbindungen an die umgebenden Stadtgebiete vor und versteht sich auch als Drehscheibe für die Verbindung dieser Gebiete. Die künftig mögliche Durchquerung v.a. in Südwest-Nordost-Richtung ist dabei von besonderer Bedeutung weit über das Gebiet hinaus. Wichtig und vielleicht etwas herausfordernder wird es sein, auch kulturelle Nutzungen vorzusehen.
Können Sie sich vorstellen, dass Wind in diesem Areal ein Problem werden könnte?
Wind ist im gesamten Donaubereich „ein Problem“. Daher wird es von Bedeutung sein, die Planungen (Hochbau wie auch öffentlicher Raum) regelmäßig in
Windsimulationen abzubilden und so frühzeitig allfällige Problemzonen zu definieren bzw. zu entschärfen.
Wenn Sie Wien mit anderen Städten Europas vergleichen, sehen Sie mehr Potential darin Wien in die Vertikale
zu verdichten oder sollte sie mehr in die Horizontale wachsen, bzw. wo werden oder sind schon Grenzen erreicht?
Grundsätzlich entscheidet sich eine Stadt nicht dafür zu wachsen. Wenn es aber stattfindet, und das trifft für sehr viele Städte in ähnlicher Weise statt, dann gilt es ein ausgewogenes Verhältnis zu finden, wo und in welcher Form dieses Wachstum stattfinden soll.
Neben der Vertikalen und der Horizontalen gibt es ja auch noch die Verdichtung und die Umnutzung von Bestand, auf die wir in Zukunft vermehrt ein Augenmerk richten werden, nicht zuletzt aus Gründen des Bodenschutzes und der Kreislaufwirtschaft.
Sind Hochhäuser anfällig dafür Gegenstand von Mietspekulationen zu werden?
Das hängt, wie bei jedem Gebäude, davon ab wer unter welchen Rahmenbedingungen und mit welchen Verwertungsabsichten das Gebäude errichtet. Ich würde auch grundsätzlich nicht den Begriff „Mietspekulation“ sondern generell „Spekulation“ verwenden.
Kann man mit Hochhäusern dem Flächenverbrauch am Stadtrand Einhalt gebieten und leistbares Wohnen auch in Zukunft noch sicherstellen?
Im Zusammenhang mit geringerem Flächenverbrauch ist eine vertikale Entwicklung sicher zu einem Teil die passende Antwort. Leistbares Wohnen ist bei dieser Bauform auf Grund des erhöhten Aufwandes allerdings grundsätzlich wesentlich schwieriger abzubilden und wird sicher nicht seine generelle Lösung im Hochhausbau finden.
Sie selbst leben in der Seestadt Aspern, wie stehen Sie dazu eine Erweiterung der Stadt auf die grüne Wiese zu stellen?
Die „grüne Wiese“ in der Seestadt war seit den 1980er-Jahren vollflächig als Industriegebiet gewidmet. Es hängt immer davon ab, wie die Gesamtentwicklung aussieht und welche Folgewirkungen mit ihr einhergehen.
In der Seestadt wurde versucht, durch ein sehr kompaktes Maßnahmenbündel die potenziell negativen Aspekte dieser Folgewirkungen möglichst stark zu reduzieren, z.B. durch den Bau der U-Bahn VOR der Besiedelung, durch große Parkanlagen, durch alternative Mobilitätskonzepte, frühzeitige Maßnahmen zur Mischnutzung (Vermeidung von Einkaufsverkehr mit dem Auto) u.v.a.m. Unter diesen Rahmenbedingungen halte ich eine Neubauentwicklung nach wie vor für vertretbar.
Eine generelle Antwort ist daher auf diese Frage nicht möglich. Dass wir stärker auf den Bestand fokussieren müssen, liegt auf der Hand. Allerdings muss auch gesehen werden, dass Wien bereits eine sehr dichte Stadt ist.